Freitag, Oktober 04, 2024

Nonstop von Flensburg nach Garmisch

Bericht von Thomas Schmittinger von seiner Deutschland Tour Nord nach Süd. Alleine ohne Begleitfahrzeug. Wahnsinn was dieser Mann vollbracht hat. Thomas wir verneigen uns vor dir.

IMG 5159Vor genau einer Woche stand ich mit meinem Rennrad in Flensburg am Hafen. Das Ziel - Garmisch-Patenkirchen. Corona bedingt konnte das Race across Germany leider nicht stattfinden bei dem ich als Supporteter Radfahrer gemeldet war. Da stand ich jetzt also nun um das ganze als Unsupporteter Radler in Angriff zu nehmen.

Bevor es losgeht bitte ich noch jemanden ein Foto von mir zu machen, setzte mich aufs Rad und fahre los. Raus aus Flensburg und über die Landstraße entlang zu meinem ersten gesetzten Ziel, dem Nord-Ostsee Kanal. Schon nach 10 km werde ich erst einmal ausgebremst. Die erste Ortssperrung die ich doch tatsächlich umfahren muss. Danach geht es weiter bis Kiel wo ich nach den ersten 90 km den Nord-Ostseekanal überquere.

Ich rolle weiter über das gar nicht so platte Land und will so schnell es geht weiter kommen. Es rollt ganz gut und nach etwas über 9 Std. habe ich 250 km hinter mir und überquere die Elbe bei Lauenburg.

Es geht weiter durch die Region der Lüneburger Heide. Der Sonnenuntergang ist jetzt da und es geht in die Nacht hinein. Bis dahin hat die Selbstverpflegung an Supermärkten und Tankstellen ganz gut funktioniert. Je dunkler es wird umso kühler wird es und ich ziehe mich warm an. Gegen 0.00 Uhr fahre ich an Braunschweig vorbei und komme schön langsam in die Region Oberharz. Und was soll ich sagen. Ein ewiges Auf- und Ab zehrt an Kraft und Nerven. Es wird bis zu 7 Grad kalt. Eine Tankstelle zum Essen und Trinken nachfassen kommt auch nicht. Der Samstag erwacht gegen 5.30 Uhr. Ich bin auf Höhe von Göttingen und habe nun 530 km geschafft. Tatsächlich gibt es hier sogar eine offene Tankstelle und kann ein Wasser aus der Kühlung!!! nachfassen. Ungekühlt gibt es nicht.

Die Achterbahnfahrt geht munter weiter und ich habe das Gefühl überhaupt nicht mehr vorwärts zu kommen. Mühevoll komme ich um 8.30 Uhr in Eschwege an. 580km bin ich bis jetzt gefahren und somit die Hälfte geschafft. Hier mache ich etwas länger ein Frühstück und nebenbei Flicke ich mal schnell den Hinterreifen wegen eines Glassplitters. Die Lust ist gerade auf dem Nullpunkt angekommen. Ich telefoniere mit meiner Frau Natascha Schmittinger und Sie muntert mich auf. Zu diesem Zeitpunkt kommt auch von Daniela Di Freiwasser eine Storyfolge und motiviert mich damit. Als ich zurückschreibe kommt noch gleich eine Sprachnachricht hinterher. Danke.

Ich setzte mich wieder aufs Rad und fahre weiter. Je wärmer es am Tag wird umso besser geht es auch wieder mit dem Radfahren, obwohl das stete auf und ab erst in Bayern besser wird. Nach 36 Stunden erreicheIMG 5152 ich Bad Neustadt und habe 720 km auf dem Radcomputer stehen. Dann überquere ich auch schon wieder den nächsten Großen Fluss. Diesmal den Main bei Kitzingen. Hier ist es 21 Uhr und es dämmert schon...wieder. Also ab in die zweite Nacht in der Hoffnung dass diese wärmer wird.

Um 1.40 Uhr durchfahre ich Ansbach. 875km sind geschafft und habe jetzt mehr als ich jemals am Stück gefahren bin. Hier gibt es zum Glück eine 24 Std. Tankstelle. Die Versorgung in dieser Nacht geht diesmal besser.

Die Hoffnung dass die Nacht wärmer wird schwindet mit jeder Stunde. Es wird wieder um die 7 Grad kalt. Um 3.30 Uhr kommt eine von vielen Storys/ Beiträge/Nachrichten meiner Trainerin Susa Susanne Buckenlei Susa's World . Auch hier ein ganz großes Dankeschön für die stetige Unterstützung. Ich entscheide mich kurz vor der Morgendämmerung für einen 15 min. Powernap. Als ich weiterfahre kommt die Helligkeit aus dem Osten und es geht etwas besser weiter. Schön langsam komme ich in Regionen die ich auch aus den Trainingsfahrten kenne.

Unangenehm wird es nochmals kurz vor der Donau als es in den Ebenen einen feuchtkalten Bodennebel von 3m hat. Das geht in die Knochen, aber die Sonne geht bald auf und dann hat sich das erledigt.

Die 1.000 km Marke knacke ich in Affing im Landkreis Aichach. Irre. Wer hätte das vor 2 Tagen gedacht. Und plötzlich kommt mir ein bekanntes Auto entgegen. Es ist meine Frau die nach mir sucht. Here I am. Sie wollte schauen wie es mir so geht. Ja wie geht es jemanden der 2 Tage Rad fährt. Ich denke mir. Überraschend gut. Klar Fußsohlen und Handflächen merke ich. Das sitzen ist da schon eher das Problem. Aber das werde ich auch noch hinbekommen. Und ich kann noch lachen beim Radfahren.

Bis Moorenweis ist Sie immer wieder bei mir und dann sehen wir uns wieder in Murnau. Sie kommt mir mit dem Rad entgegen und wir fahren die restlichen 25 km nach Garmisch gemeinsam. Es ist ja Sonntag und wir stehen zusammen mit den Autos von Eschenlohe im Stau Richtung Garmisch. Aber es ist mir gerade recht egal. Ich weiß ich komme an und die Zeit die ich jetzt da verliere ist mir auch egal. Durch Garmisch durch geht es noch zur Olympiaskisprungschanze, wo ich bis zum Schanzentisch hoch darf. Aber ich konnte es nicht fahren, so steil war es. So bin ich also die letzten 500m meiner Deutschlanddurchquerung gegangen.

Ich komme oben an. Ja es ist vollbracht. Unglaublich... Ich kann es gar nicht in Worte fassen da jetzt zu stehen. Ich umarme meine Frau und genieße dann einfach nur den Ausblick.

Mein Radcomputer zeigt nun folgendens an

IMG 5159Unfassbare 1.142 km Fahrtstrecke, 45 Std. bin ich Rad gefahren und habe insgesamt dafür 56,5 Std. gebraucht. Das ganze bei 8668 Höhenmetern.IMG 5160

Es war schwerer, viel schwerer als ich es erwartet habe. Vor allem die Selbstversorgung ist herausfordernd und zeitraubend. Aber es ist eine tolle Erfahrung sich und die eigene Leistungsfähigkeit kennen zu lernen. Deutschland mit dem Rad zu erleben ist auch immer wieder schön

Der erste Dank geht an meine Familie.

Frau und Kinder haben mich sich Monaten viel weniger gesehen und auf mich verzichtet dass ich das machen konnte.

An Mama und Papa, die mich dabei unterstützen, es aber nicht immer verstehen warum ich das mache.

Auch einen ganz herzlichen Dank an meine Trainierin Susanne Buckenlei von SusasWorld. Ich habe mich so was von vorbereitet gefühlt. Danke, denn ohne Dich würde ich so etwas nicht schaffen und würde es gleich gar nicht probieren.

Danke Daniela dass Du zur Richtigen Zeit die Richtigen Worte für mich gefunden hast

Bei den Trainingspartnern und bei allen die mich unterstützt haben und mitgefiebert haben.

Auch möchte ich mich bei Dieter Göpfert vom Race Across / Around Germany bedanken. Er hat es mir ermöglicht trotz der Absage die Deutschlanddurchquerung machen zu können und für die motivierende Berichterstattung.

Unglaublich. I crossed Germany