Unser Foricemitglied Thomas Schmittinger ist dieses Jahr nochmals zur 24h Zeitfahrweltmeisterschaft geflogen. Er hat letztes Jahr schon ein Interview über dieses Rennen gegeben wo er zweiter seiner Alterklasse geworden ist und wie man sich auf solche Ultrarennen vorbereitet:
https://www.forice-89.de/web/index.php/berichte/berichte-2020-bis-heute/berichte-2025
Das Ziel war in kleiner Runde klar definiert. Ich fliege nicht nochmals nach Amerika um wieder Zweiter in meiner Altersklasse zu werden. Nachdem die Sieger der letzte beiden Jahre angemeldet waren, kein leichtes Ziel. Ich wollte auf alle Fälle die 700km Marke knacken. Es war schon eine sehr gute Saison für mich mit unerwarteten guten Ergebnissen. Doch bis Ende Oktober ist es eine sehr lange Rennsaison. Die Tage werden kürzer und kälter. Das macht es schwerer diese Form zu halten. Eine Woche vor dem Rennen geht es mit viel Gepäck nach San Francisco. Von dort in 3 Tagen zum Rennort mit dem Auto. Von Tagsüber 15 Grad zu über 30 Grad. war dann doch eine Herausforderung Ende Oktober. Einen Tag vor dem Rennen habe ich mich mit den anderen Deuschen 24h Teilnehmern getroffen und ausgetauscht. Ein schöner und wichtiger Teil für uns Teilnehmer und Betreuer.

Zum Rennen. Der Start erfolgt um 17 Uhr. Ich bin in der zweiten Startgruppe. Leider. Meine beiden Konkurrenten sind mir also voraus. Ich will zu beiden Aufschließen um den Überblick behalten zu können. Noch in der ersten Runde konnte ich zu beiden Aufschließen, nur mit dem Ergebnis viel zu schnell losgefahren zu sein als geplant. Schon eine Stunde nach dem Start wird es dunkel und es kommt die Nacht die 12 Std. dauern wird. Die nächsten 4 Runden waren immer noch viel zu schnell, musste aber sein um den Kontakt zu einem der beiden Hauptkonkurrenten zu halten. Es ist ein Spielchen auf höchstem Niveau. Mal fahre ich vor. Dann zieht er wieder an. Mein Motto war Präsenz zeigen und nicht nachlassen. Das Ergebnis war dann, dass ich keinen meiner Konkurrenten ab der 6. Runde mehr gesehen und hinter mir gelassen habe. Von da ab hieß es trotzdem nicht nachlassen und das Tempo für restliche Zeit zu finden. Es ist lange eine angenehme Nacht. Ab 1 Uhr wird es deutlich kühler, ab 4 Uhr richtig kalt mit 10 Grad. Zuviel passiert da insgesamt nicht. Die Müdigkeit wird etwas zum Problem, weil die Dunkelheit so lange dauert. In der Nacht wird die Energiezufuhr zu einem Problem. Ich kann nichts mehr festes Essen. Nur noch Energie in flüssiger Form. Und das auch nur mit wiederwillen. Meine Versorgungsstation ist meine Mama. Sie besuche ich alle 3 Runden (87km) um das Essen und Trinken aufzufüllen.
Die Nacht geht .... endlich.... Es ist 7 Uhr als die Sonne aufgeht. Es dauert nicht lange und die Wärme kommt zurück. Ich mache dann meinen einzigen längeren Stop. Ich ziehe mich in 5 min. einmal komplett um. Es sind noch 9 Stunden. Es wird schon zäh. Immer wieder die gleiche Strecke. Die gleichen Kurven und und und. Um mir die Zeit zu vertreiben zähle ich die Restzeit zusammen und rechne mir die noch zu fahrenden Runden aus. Dann zähle ich Sie Rückwärts. Währendessen wird es immer heißer, drückender und vorallem sehr trocken. Innerhalb weniger Stunden werden die Lippen trocken und reißen. Ich kann auch nicht mehr 100% tief einatmen. Der Sand und Staub legt sich in die Lungen ab. Um 14.30 Uhr fahre ich in meine letzte große Runde. Ich verabschiede mich von jeder Kurve. Der Radcomputer ploppt auf. Die 700km sind geschafft. Yeees. Bei der letzten Verpflegung hat man mir mit auf den Weg gegeben. Dein Vorsprung ist 20 Meilen. Und dann kommt das was man weder will noch braucht. Der Hinterreifen verliert sehr schnell Luft. Ein Platten nach 22 Std. Mein erster Gedanke. Sch.... Egal ich kann einmal wechseln. Jetzt muss es nur gut gehen und aufs erste Mal klappen. Wichtig ist dabei einen klaren Kopf zu behalten. Nicht zu schnell machen. Keinen Fehler und vorallem die Frage stellen. Warum habe ich diesen Platten überhaupt bekommen. Ich kontrolliere also zusätzlich gründlich den Mantel. Es könnte ja ein Splitter oder Stachel festhängen. Es dauert 10 min. bis alles geklappt hat und ich wieder weiterfahren kann. Der Reifen hält bis zum Schluss. Doch ich habe Zeit verloren. Der Plan genau 90 min vor Ende auf die kleine, 8km Schleife zu kommen ist nicht mehr realisierbar. Ich versuche es zwar noch Zeit aufzuholen aber es klappt nicht. So schaffe ich in der verbleibenden Zeit (nur) 5 Runden à 8km. 10 min vor Ablauf komme ich durchs Ziel. Noch eine Runde zu fahren macht keinen Sinn. Ich schaffe es nicht mehr pünklich. Ich fahre zu meiner Mama und den anderen Deutschen Supportern. Ich bin froh und erschöpft. Ich gebe irgendjemanden mein Rad in die Hände, umarme meine Mama und lege mich auf den Boden. Nach 5 min Frage ich wie es denn jetzt in meiner Alterklasse ausgegangen ist. Alle Deutschen hatten seit 2 Stunden keine brauchbare Internetverbindung mehr. Ergebnis unbekannt. Ein Gedankenkarusell beginnt. Hat der Platten evtl. zuviel Zeit gekostet? Ich kann mich nicht wirklich freuen. Ich frage einen Amerikanischen Betreuer ob er bitte nachschauen kann wie das Ergebnis in der Alterklasse 50-59 Jahre ausgegangen ist. Recht schnell bekomme ich eine Antwort.
A German man won this age group. His name is Thomas Schmittinger, and he covered 474 miles. His lead was 23 miles over second place. He crushed his competitors.
Ich schlage meine Hände vors Gesicht. Ein leises Yes kommt aus mir raus. Der Amerikaner realisiert dass ich dieser Deutsche bin.

That was a great race, my friend. Congratulations!
Und er klatscht mich ab. Ich gehe zurück zu den Anderen. Ich sage nur 5 Worte
Unglaublich. Weltmeister in meiner Altersklasse
Ab der zweiten Runde habe ich daran geglaubt. Ich wollte das so unbedingt schaffen. Ich bin nicht nochmal gekommen um wieder zweiter zu werden. Und wenn Du es dann geschafft hast, feststeht dass Du Deine Alterklasse gewonnen hast, dann kannst Du es nicht verstehen.
Und es kommt noch besser. Das Rennen der anderen Deutscheni habe ich nur am Rande mitbekommen wenn wir uns ab und an überholt haben.
Sebastian Mayr gewinnt das Gesamte Rennen und seine Alterklasse
Yvonne Margraf gewinnt die gesamte Frauenwertung und Ihre Alterklasse
Martin Neitzke wird Dritter seiner Alterklasse und Vierter in der Gesamtwertung.
5 Weltmeistertitel fliegen mit nach Deutschland
Was für grandiose Ergebnisse. Und wir können uns alle miteinander freuen.

ab 17.30 Uhr sind die Siegerehrungen. Um es kurz und ehrlich zu schreiben. Die sind extrem ausbaufähig und der ganzen Veranstaltung und den Leistungen nicht gerecht.
Ab 18 Uhr wird es wieder dunkel und dadurch auch wieder kalt. Man bleibt nach so einer Anstregung nicht gerne verschwitzt in der Kälte stehen und geht deshalb sehr schnell in sein Hotel. Dort endet ein 34 Std. Tag ohne Schlaf und extremer Belastung. Erschöpft, müde und mit einer Medallie um den Hals.
Ein Unglaubliches Sportjahr geht hiermit zu Ende, das ohne Hilfe, Unterstützung und Teamwork über ein gesamtes Jahr nicht möglich gewesen wäre.
Liebe Mama. Ohne Dein Angagement wäre dieses Ergebnis nicht möglich gewesen. Du warst von der ersten bis zur letzten Minute immer für mich da. Du hast nicht geschlafen und warst immer vorbereitet. Das kann und will ich nicht als selbstverständlich sehen. Vielen lieben Dank!
An die Familie die mir das seit Jahren ermöglicht.
An meine Trainierin Susanne Buckenlei. Danke für das gesteuerte Training, Deiner Führung, Deinem Verständnis und Deiner Erfahrung.
An alle meine Freunde, Vereinsmitglieder und meiner WhatsApp Gruppe. Was ich da für einen Rückhalt und Zuspruch erhalten habe war phänomenal!
"Stärke kommt nicht von Gewinnen.
Du wächst an Deinen Herausforderungen.
Wenn Du auf Widerstände triffst und
Dich entscheidest dranzubleiben, dann ist das Stärke."
(Arnold Schwarzenegger)